Die Zeit der Einzelkämpfer ist vorbei

Die Zeit der Einzelkämpfer ist vorbei

Wenn Sie alles alleine machen, erreichen Sie nur einen Bruchteil dessen, was wirklich möglich ist

Ich weiß nicht genau, wann und wodurch es passiert ist, aber irgendwann in meinem Leben habe ich mich zum Einzelkämpfer entwickelt. Zum ‘lonesome warrior’, der alles unter Kontrolle hat und es irgendwie alleine hinkriegt. Und das obwohl ich fast immer einen Partner und gute Freunde hatte und auch Teil von Teams war! Verrückt – aber es war mir einfach nicht bewusst, denn ich hatte Erfolg und es gab andere Menschen in meinem Leben! Wie sollte ich da jemals darauf kommen, dass ich ein Einzelkämpfer bin? Erst als ich anfing, die Kontrolle aufzugeben und bewusst gemeinsam mit anderen zu kreieren, wurde mir klar, dass ‘es alleine hinzukriegen’ eine beliebte Strategie meiner Box ist, um zu überleben!

Diese Strategie hat so gut funktioniert und ist mir so in Fleisch und Blut übergegangen, dass ich mich jetzt teilweise wirklich dazu zwingen muss, mich anders zu verhalten. Offensichtlich habe ich einen großen Nutzen aus dem Einzelkämpfertum gezogen, der mir nun Stück für Stück bewusst wird. Hier eine Liste der Aspekte, die ich bisher ausmachen konnte – vielleicht finden Sie noch weitere Aspekte bei Ihnen selbst?

Nutzen des Einzelkämpfertums:

  • Ich habe ‚vermeintlich‘ alles unter Kontrolle und bestimme, wo es lang geht.
  • Ich muss mich nicht auf andere verlassen und mich nicht für Vertrauen entscheiden.
  • Ich muss mich nicht mit anderen absprechen, auf niemanden Rücksicht nehmen.
  • Ich muss nicht führen.
  • Wenn es Erfolg hat, kann ich den ganzen Ruhm für mich selbst einheimsen.
  • Wenn es schiefgeht, kann ich es viel leichter vertuschen.
  • Ich vermeide Feedback und Kritik, mein Handeln wird weniger hinterfragt.
  • Ich vermeide Nähe, Austausch und Beziehung.
  • Ich kann mich überwältigt fühlen und jammern oder wahlweise mich auch super wichtig fühlen und gebraucht – je nachdem, was mir gerade nützlich ist.
  • Ich habe immer eine Ausrede, um mich davor zu drücken, meine Visionen umzusetzen und die Welt zu verändern – denn alleine kann man sowieso nichts ausrichten und außerdem habe ich nur 24 Stunden pro Tag.

Ich war ziemlich geschockt, als mir das klar wurde. Insbesondere, dass dies meine unbewusste Ausrede war, mich nicht um die Dinge, die mir wirklich wichtig sind, kümmern zu können, weil diese Aufgaben viel zu groß für mich alleine sind! Seit Mitte letzten Jahres experimentiere ich mit einer anderen Art, meine Visionen und Projekte ins Leben zu bringen – nämlich mit der kreativen Kollaboration mit Gleichgesinnten. Ich führe meine Trainings nicht mehr alleine durch, sondern zusammen mit anderen Trainern. Ich rufe Projektteams ins Leben, zusammen mit Menschen, die ähnliche Visionen und Ziele haben wie ich, um diese Visionen und Ziele in die Tat umzusetzen. Bevor ich mir alleine über etwas den Kopf zerbreche, bitte ich Menschen um Möglichkeiten, Ideen, Unterstützung und Hilfe. Das hört sich an, als hätte ich nur kleine Dinge in meiner Vorgehensweise verändert und dennoch hat sich dadurch meine Art zu ‚arbeiten‘ völlig umgekrempelt.

Und der Gewinn, der sich aus dieser neuen Art des Vorgehens ergibt, macht den Verzicht auf den Nutzen, den ich durch das Einzelkämpfertum hatte, vollends wett. Hier seien nur einige genannt:

Kreative Kollaboration

  • Ich muss nicht mehr alles im Griff und unter Kontrolle haben (Ich merke erst jetzt, wie anstrengend das war!)
  • Das gemeinsame Arbeiten ist viel entspannter und es macht viel mehr Spaß.
  • Ich bin im Austausch und bekomme wertvolles Feedback.
  • Die gemeinsame Arbeit wird zu einem bewussten Lern- und Transformationsfeld für jeden einzelnen.
  • Wir haben in kürzerer Zeit viel mehr Ideen.
  • Wir bringen die Vielfalt und Unterschiedlichkeit unserer Talente in den Dienst derselben Sache und potenzieren dadurch die Effektivität.
  • Wir sind in Verbindung und gemeinsam schaffen wir ein Feld und genügend ‚Masse‘ für die Umsetzung unserer gemeinsamen Vision.
  • Gemeinsam sind wir in der Lage viel größere Ziele und kühnere Visionen umzusetzen, die wir alleine nicht mal zu denken wagen.

Und die Folge daraus: meine Projekte verändern sich, werden größer und weiten sich aus! Es geht nicht mehr um mich, sondern um die gemeinsame Sache. Es passieren Dinge, die ich als Einzelkämpfer noch nicht mal in Betracht gezogen habe, weil sie mir unmöglich erschienen. Vor kurzem hatten meine Trainerkollegin Nicola und ich eine Skype-Session mit einer sehr engagierten Frau aus Südafrika, bei der wir unsere Visionen geteilt und über eine mögliche Zusammenarbeit gesprochen haben.

Wenn wir also wirklich wollen, dass unsere authentischen Visionen und Ziele wahr werden, egal wie groß sie sind oder wie kühn sie auch erscheinen mögen, ist das Einzelkämpfertum nicht die beste Wahl, um dies zu erreichen.

Angesichts der globalen Herausforderungen, denen wir uns gegenüber sehen, fühlen wir uns alleine meist überwältigt und denken „Was kann ich schon tun? Ich alleine kann sowieso nichts ändern!“ – obwohl wir in unserem Inneren den Schmerz darüber, wie die Dinge laufen, deutlich spüren und eine klare Vision davon haben, was wir gerne verändern würden, wenn wir nur könnten. Auch das ist eine Form von Einzelkämpfertum, obwohl es eher etwas mit Aufgeben als mit Kämpfen zu tun hat. Diesem Gedanken liegt offensichtlich ebenfalls der Glaube zugrunde, dass wir es alleine hinkriegen sollten. Oder es ist nur eine lieb gewonnene Ausrede …

Es ist Zeit aufzuwachen und das Einzelkämpfertum zu verabschieden! Noch nie gab es so viele Möglichkeiten, in Lichtgeschwindigkeit mit Gleichgesinnten in Kontakt zu kommen, wie jetzt. Noch nie gab es so viele Gruppen, Gemeinschaften, Bewegungen und Initiativen, die sich der gemeinsamen Vision, neue Wege zu gehen, verschrieben haben, wie jetzt! Worauf warten Sie?

Nützliche Fragen:

  • Sind Sie auch auch ein Einzelkämpfer (Schauen Sie genau hin – es ist nicht immer leicht zu erkennen!)?
  • Welchen Nutzen ziehen Sie persönlich daraus, Einzelkämpfer zu sein (siehe Liste im Text oder andere Aspekte)? Sind Sie bereit, darauf zu verzichten?
  • Wofür würden Sie sich gerne einsetzen, wenn Sie nur ein Fünkchen Hoffnung hätten, dass Sie damit etwas verändern können? Was ist Ihre Vision von einer besseren Welt?
  • Finden Sie heraus, ob es bereits eine Gruppe, Initiative oder einzelne Menschen gibt, die sich für dieselbe Sache einsetzen (würden), die eine ähnliche Vision haben. Nehmen Sie Kontakt zu diesen Menschen auf und schauen Sie, was passiert.
  • Was könnten Sie alles tun und erreichen, wenn Sie es nicht alleine machen müssten?
Führung ist eine Form des Dienens

Führung ist eine Form des Dienens

Eine Führungsperson zu sein, heißt voraus zu gehen

Wir haben allerlei Vorstellungen im Kopf, wie eine Führungsperson zu sein hat. Und diese Vorstellungen sind in der Regel geprägt durch die aktuell gültige Kultur, in der wir leben, selbst wenn wir uns dessen nicht wirklich bewusst sind. Unsere derzeitige ‚Führungskultur‘ basiert immer noch auf den Grundlagen der industriellen Revolution – obwohl diese schon hunderte von Jahren zurückliegt – und auf den Grundlagen des Patriarchats – das noch viel weiter zurückliegt. Die globalen Auswirkungen, die diese Form der Führung mit sich gebracht hat, können wir am Zustand unseres Planeten und unserer Gesellschaft ablesen.

Die traditionelle Art der Führung ist ein Auslaufmodell, dessen Tage gezählt sind. Ich kenne einige Menschen, die sagen, sie wollen nicht führen, weil es ihnen viel zu anstrengend ist und sie dann nichts mehr von ihrem Leben haben und weil sie zur Verantwortung gezogen werden, wenn etwas schief geht. Verständlich, wenn wir uns das alte Führungsmodell mal genauer betrachten. Anführer in diesem Modell sind einsam – denn das Modell basiert auf hierarchischen Pyramiden-Strukturen, was bedeutet, dass nach oben hin die Luft immer dünner wird und die Führungspositionen immer rarer. Auf der anderen Seite steigen Gehälter, Belohnung und Ruhm, je weiter man in der Pyramide nach oben steigt. Diese Belohnung wird als ‚Schmerzensgeld‘ betrachtet für die Tatsache, dass man je weiter oben man ist, auch immer stärker zur Verantwortung gezogen wird für Fehler, die passieren. Dies führt zum Beispiel zu folgendem Verhalten:

  • Die Führungskraft muss alles besser wissen und besser können, damit kein anderer ihr die Position streitig machen kann.
  • Die Kreativität des Teams ist gefährlich und muss klein gehalten werden, da die Führungskraft sonst nicht mehr alles unter Kontrolle hat und ihre Position in Gefahr ist.
  • Die Führungskraft schafft sich ein Team von angepassten, Ja-sagenden Mitläufern, die die Arbeit erledigt und Regeln befolgt.
  • Die Führungskraft darf unter keinen Umständen Fehler machen und wenn, dann muss sie versuchen diese zu vertuschen.
  • Die einzigen Freuden, die eine Führungskraft im alten Modell aus ihrer Arbeit beziehen kann, sind Macht und Geld. Das heißt, um einen angemessenen Ausgleich für diese anstrengende Tätigkeit zu erhalten, muss die Führungskraft ihre Position so gut wie möglich ausnutzen.
  • Eine Führungskraft darf nichts fühlen, da sie sonst nicht in der Lage ist, harte Entscheidungen zu treffen.

Und das System erhält sich selbst dadurch, dass die einen unter solchen Umständen lieber zu angepassten Mitläufern mutieren, die ihre Ruhe haben, und die anderen lieber einsam und in Gefahr sind, aber dafür Macht, Ruhm und Geld auskosten. Passt doch gut zusammen, oder?

Die gute – oder auch schlechte? – Nachricht: immer mehr Menschen wird bewusst, dass diese alte Form der Führung nicht mehr funktioniert und auch nicht tragfähig ist. Diktatoren werden gestürzt, unverantwortliche Politiker wandern ins Gefängnis und Angestellte verlassen ihre Unternehmen, weil sie mit der Führung nicht zufrieden sind. Alle Zeichen stehen auf Rot – doch was kommt als nächstes? Wir wissen es nicht! Und um diesen Übergang in die noch unbekannte nächste Kultur zu schaffen, brauchen wir eine neue Art von Führungspersonen. Nämlich Menschen, die bereit und in der Lage sind, in unbekanntes Gebiet vorauszugehen, ohne bereits zu wissen, wie es geht! Die Führungskräfte der nächsten Generation sind ‚Edgeworker‘ – Grenzgänger, Vorreiter, Kulturpioniere und (R-)Evolutionäre! Vielleicht sind Sie so eine Person?

Doch worauf wird es bei der Führung der nächsten Generation ankommen? Einen ersten Versuch der Unterscheidung unternimmt die folgende Landkarte:

Führung traditionellEdgeworking
Fremdorganisation des TeamsSelbstorganisation des Teams
Verbesserung, OptimierungVeränderung, Transformation, Entwicklung
Anordnung & KontrolleInspiration & Motivation
Richtlinien & RegelnVision & Kontext
Druck (Ziele, Vorgaben, Belohnung und Strafe)Sog (Spirit, Vertrauen, Gemeinschaft, Coaching)
Vorgeben, selbst machenRaum halten
Alles wissen und können müssenIntelligenz des Teams freisetzen
EinzelkämpferKreative Zusammenarbeit
Prozesse & StandardsSchnelles Lernen & Fantasie
Sach- und GewinnorientierungMenschen- und Bestimmungsorientierung
AnalysierenErfinden
Lineares Denken & HandelnNichtlineares Denken und Handeln
Veränderungen reaktiv managenProaktiv Veränderung herbeiführen
Limitierte Ressourcen managenUnbegrenzte Ressource von Möglichkeiten sein
Dringlich/KurzfristigLangfristig/Nachhaltig
Risiken vermeidenChancen nutzen
Macht ausüben …Sinn stiften …

Solche ‚Edgeworker‘ werden nicht nur in Unternehmen gebraucht! Egal, welchem Projekt Sie dienen, welche Spielwelt Sie sich kreiert haben – sei es eine Familie, eine bestimmte Sache, der sie sich verschrieben haben, ein soziales Projekt, eine Abteilung, eine Gruppe von Menschen mit einem gemeinsamen Ziel, ein Unternehmen oder vielleicht ein Land – jede Art von Spielwelt braucht ‚Edgeworker‘ die ins Unbekannte vorausgehen und dort eine neue Realität schaffen, in die sich die Spielwelt dann hinein entfalten und ihrem Zweck dienen kann.

Klar, dass Führungspersonen der nächsten Kultur ungewöhnliche Fertigkeiten und Soft-skills benötigen, die in unseren ‚normalen‘ Schulen und Ausbildungen nicht zur Verfügung gestellt werden, da diese selbst noch dem alten Paradigma der traditionellen Führung unterliegen. Hier ein paar Beispiele dieser neuen notwendigen Soft-skills:

Führungspersonen der neuen Generation

  • haben Zugang zu ihren vier Grundgefühlen und nutzen sie verantwortlich:
    Angst, um sich wirklich in neue Gebiete vorwagen und Neues kreieren zu können,
    Wut, um Klarheit zu schaffen, Grenzen zu setzen und Dinge ins Rollen bringen zu können,
    Traurigkeit, um wirklich in Verbindung mit den Menschen in ihrer Spielwelt zu sein und um authentisch zu kommunizieren und
    Freude, um Menschen mitzureißen, zu motivieren und echte Gemeinschaft zu kreieren
  • sind bereit, Fehler zu machen und schnell zu lernen, um in unbekanntem Terrain effektiv sein zu können,
  • haben ihren persönlichen Initiationsprozess ins verantwortliche Erwachsensein durchlaufen und sehen Verantwortung nicht als Last, sondern als Kraftquelle, um ihre Spielwelt gemäß ihrer Vision zu gestalten
  • stellen sich in den Dienst von etwas Größerem als sich selbst
  • sind sich ihrer Unterwelt bewusst
  • sind in der Lage, für sich selbst und ihre Spielwelt Möglichkeiten aus dem Nichts zu erschaffen
  • sind bereit, allgemein anerkannte Regeln zu brechen und das ‚Konventionelle‘ und ‚Normale‘ zu piratisieren für einen höheren Zweck (z.B. Evolution)
  • sind bereit, sich unbeliebt zu machen, weil sie als ‚Edgeworker‘ der Repräsentant von Veränderung sind und Veränderung unbequem ist

etc.

Wie wär’s? Klingt dieser Job spannend genug für Sie?

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