Organisationen in Zeiten des Wandels

Organisationen in Zeiten des Wandels

Sind Sie bereit für den Flüssigzustand?

Es gibt einen entscheidenden Unterschied zwischen Change und Transformation. Während Change eher linear ist und der Optimierung bestehender Prozesse oder Strukturen dient, ist Transformation sehr viel tiefgehender und ganzheitlicher. Bei der Transformation verändern sich, wie das Wort schon sagt, radikal die Form eines Organismus an sich und damit auch seine Funktionalität. Daraus entstehen komplett neue Möglichkeiten und Resultate.

Wenn Sie die derzeitigen Strömungen in der Organisationsentwicklung in Richtung „New Work“ betrachten, wird eines relativ schnell klar. Um eine bestehende Organisation, die noch nach dem traditionellen Muster funktioniert, in diese neue Richtung zu entwickeln, ist mehr als ein bloßer Change-Prozess notwendig. Es braucht eine tiefgreifende Unternehmens-Transformation. Der gesamte Organismus „Unternehmen“ muss sich neu ausrichten und eine neue Form annehmen. Gesetze, die bisher gegolten und Prozesse, die bisher funktioniert haben, werden irrelevant und müssen Platz für neue Gesetzmäßigkeiten machen. Und dies betrifft nicht nur einzelne Bereiche, sondern den kompletten Organismus, also das gesamte Unternehmen.

Keine Transformation ohne Flüssigzustand

Wenn Sie das Beispiel der Transformation einer Raupe zum Schmetterling betrachten, gibt es während des Prozesses ein Stadium, in dem das, was vorher Raupe war, sich vollkommen auflöst und verflüssigt, bevor die Zellen sich neu formieren und zum Schmetterling mutieren. In diesem Zustand ist das Wesen weder Raupe, noch Schmetterling. Dieser vorübergehende Flüssigzustand ist Teil und auch Voraussetzung einer jeden Transformation. Ohne Flüssigzustand gibt es keine Transformation!

Dasselbe gilt für Sie als Mensch, aber auch für Organisationen. Jeder Mensch hat eine sogenannte Box. Ihre Box ist gemacht aus Ihren Erfahrungen, Ihrer Erziehung, Ihren Meinungen, Ihren Konditionierungen etc. Es ist die Art und Weise, wie Sie die Welt sehen und wahrnehmen, was Sie für möglich halten und was für nicht möglich. Andere Worte dafür sind Ihr Ego, Ihre Persönlichkeit, Ihre Weltsicht oder die Mentalität. Die Box beinhaltet auch Ihre Komfortzone, in der Sie sich auskennen. In Ihrer Box bleibt alles beim Alten – es passiert nichts Neues hier – denn Ihre Box hat den Zweck, Ihr Überleben zu sichern. Und nicht nur Menschen haben eine Box, sondern auch Familien, Organisationen, Unternehmen, Dörfer, Städte, Länder, … Die Box schreibt vor, wie die Organisation funktioniert, was getan und geglaubt werden darf und was nicht.

Solche Boxen sind ziemlich hart und unflexibel. Wenn Sie also Ihre Box verändern wollen oder wenn sich die Box einer Organisation verändern soll, sodass etwas völlig anderes möglich wird, braucht es einen Transformationsprozess. Und wie oben ausgeführt: ohne Flüssigzustand gibt es keine Transformation! Das heißt die Box, die bekannte Form muss erst in einen Flüssigzustand übergehen, bevor sie eine neue Form annehmen kann.

Soweit so gut. Das Problem ist allerdings, dass sich dieser Flüssigzustand sehr „unangenehm“ anfühlen kann. Es macht automatisch Angst, wenn sich das Bekannte auflöst und gleichzeitig das Neue noch nicht sichtbar ist. Unsicherheit macht sich breit, das Gefühl von Gefahr und die Frage: „Werden wir es überleben?“. Diese Angst vor dem Flüssigzustand ist es, die uns meist daran hindert, uns zu unserer nächsten Evolutionsstufe (also im übertragenen Sinne zum Schmetterling) zu transformieren.

Die Organisation im Flüssigzustand – wie geht das

Dieser Prozess ist schon bei Einzelpersonen meist schwierig, in einer Organisation potenziert sich dieser Effekt aber noch. Angst und Unsicherheit sind hier noch viel größer, da die wenigsten Menschen gelernt haben, mit Angst und Unsicherheit umzugehen. Im Grunde ist Angst ein ganz natürlicher Begleiter im Leben. Denn Leben heißt Entwicklung und Evolution. Das heißt Leben beinhaltet Zeiten, in denen wir den sicheren bekannten Hafen verlassen (müssen) und uns auf den Weg zu neuen Ufern machen (müssen), um auf unsere nächste Entwicklungsstufe zu gelangen. Da ist Angst total natürlich. Allerdings hat Angst in unserer Gesellschaft keinen guten Ruf – Angst ist verpönt, und das vor allem im Business. Angst gilt als unprofessionell. Also versuchen wir mit aller Gewalt den Status Quo aufrecht zu erhalten oder zumindest auch in Zeiten des Wandels die Kontrolle zu behalten, nur um diese Angst nicht fühlen zu müssen.

Wie kann nun eine Organisation den schwierigen Weg durch den Flüssigzustand nehmen, um die derzeit notwendige Transformation zu durchlaufen? Einerseits ist es wichtig, dass alle Beteiligten sich darüber bewusst sind, dass ein Flüssigzustand normal und sogar notwendig ist, um langfristig neue Resultate zu erzielen. Auch Bewusstsein darüber, dass sich dieser Zustand unbequem anfühlen und Angst erzeugen kann, sollte geschaffen werden. Weiterhin braucht es die Bereitschaft aller Beteiligten, gemeinsam durch diesen Flüssigzustand zu gehen. Die Bereitschaft sich in Neuland zu wagen, auch wenn das vielleicht heißt, alte und lieb gewonnene Gewohnheiten und Altbewährtes aufgeben zu müssen. Wenn nicht alle oder nicht die überwiegende Mehrheit damit einverstanden sind, wird es schwierig mit der Transformation. Stellen Sie sich nur die Raupe vor: wenn zu viele Zellen sich weigern würden, die Transformation mitzumachen, würde nie ein „funktionierender“ Schmetterling entstehen können.

Zusätzlich sehr hilfreich für Transformationsprozesse in Organisationen sind Menschen, die bewusst durch solche Flüssigzustände navigieren können – sich selbst und andere. Nennen wir sie mal Transformations-Begleiter oder Edgeworker. Menschen die es gewohnt sind oder zumindest nicht panisch werden, wenn sie am Rande ihrer Komfortzone bzw. der Komfortzone der Organisation tätig sind, um den Weg ins Neuland zu bahnen. Menschen, die mit ihrer Angst auf Du und Du sind, und kein Problem damit haben, wenn es vorübergehend unsicher und unbequem wird. Menschen, die in der Lage sind, Zeiten der Ungewissheit und des Nicht-Wissens auszuhalten. Menschen, die sich trauen, auf dem Weg Neues auszuprobieren, um herauszufinden, was funktioniert und was nicht funktioniert.

Und jetzt mal ehrlich: Wie viele Menschen kennen Sie in Ihrer Organisation, die diese Fähigkeiten haben? Gerade in den Führungsetagen sind solche Edgeworker eher selten zu finden, denn Flüssigzustand bedeutet auch, die Kontrolle ein Stück weit aufzugeben. Und das war in traditionellen Unternehmen niemals Teil der Führungsaufgabe. Es kann also notwendig werden, dass Sie solche Edgeworker zunächst erst ausbilden müssen oder Sie holen sich externe erfahrene Transformations-Begleiter als Unterstützung. Am besten wäre allerdings eine Kombination aus beidem.

Bevor Sie also einen notwendigen Transformationsprozess in Ihrer Organisation anstoßen, prüfen Sie zunächst, ob alle Beteiligten bereit sind für den Flüssigzustand.

Ohne das Muster zu durchbrechen, bleibt alles beim Alten!

Ohne das Muster zu durchbrechen, bleibt alles beim Alten!

Wenn die Führungskräfte von heute die Führungskräfte von morgen auswählen …

Irgendwie ist es schon paradox. Immer mehr Unternehmen werden sich aktuell darüber klar, dass sich die Form der Führung und der Zusammenarbeit in Organisationen deutlich verändern muss, um fit für die Zukunft zu sein. Manche Unternehmen wagen auch schon erste Schritte, um Veränderungen im Sinne von New Work vorzunehmen und experimentieren mit neuen Vorgehensweisen. Da es aber für zukünftige Organisationsformen und Wege gerade keine nachzuahmenden Musterbeispiele bzw. Blaupausen gibt, weil wir erst dabei sind diese zu erforschen und zu erfinden, wird in vielen Bereichen in Unternehmen noch auf Altbewährtes zurückgegriffen. Verständlicherweise! So zum Beispiel im Recruiting.

Alle sind sich einig darüber, dass die Führungskräfte der Zukunft anders arbeiten müssen als bisher – mehr auf Augenhöhe, weniger hierarchisch, sinnstiftend etc. Wenn Sie sich aber einmal die Stellenausschreibungen oder die Anforderungsprofile für die gesuchten Führungskräfte ansehen, werden Sie eines feststellen: es werden immer noch die gleichen Führungsqualitäten und -werte abverlangt wie bisher. Aber wie, bitte schön, soll sich denn jemals etwas verändern, wenn Sie bei den Key Playern immer wieder auf dieselben Kriterien zurückgreifen?

Es ist ja ein bekanntes Phänomen, dass Hans sich meistens ein Hänschen aussucht, d.h. dass Chefs ihre Mitarbeiter oft unbewusst nach dem Prinzip „Gleich und Gleich gesellt sich gerne“ auswählen. Dies hat auch schon in der Vergangenheit dazu geführt, dass die benötigten Qualitäten in Teams oft nicht ausgeglichen waren. Nun kommen allerdings noch zusätzliche Herausforderungen für das Recruiting von neuen Führungskräften hinzu, nämlich:

  1. Die Frage, welche Qualitäten zukünftig von Führungskräften gebraucht werden?
  2. Wie soll eine „Führungskraft von heute“ eine „Führungskraft von morgen“ erkennen und – trotz aller Unterschiedlichkeit – mit ihr zusammenarbeiten?

Was tun, wenn die Soll-Vorstellung noch nicht klar ist?

Ich will mal nicht ungerecht sein. In aktuellen Stellenbeschreibungen und Anforderungsprofilen von Führungskräften sind durchaus auch mitarbeiterorientierte Qualitäten, wie Empathie, wertschätzendes Menschenbild oder ähnliches enthalten. Allerdings konkurrieren diese menschenorientierten Qualitäten und Aufgaben meist sehr stark mit den zahlen- und ergebnisorientierten Anforderungen.

Und woran wird die Performance einer Führungskraft im Unternehmen gewöhnlich gemessen? Doch auch hauptsächlich oder ausschließlich an den Ergebnissen in Form von Zahlen. Oder an der Erreichung von Zielen, die in vielen Fällen von der Geschäftsleitung sogar noch vorgegeben wurden. Darüber, wie die Führungskraft diese Ziele erreicht, wird meist überhaupt nicht gesprochen. Boni gibt es auch eher für erreichte „harte“ (messbare) Ziele, und nicht für erreichte „weiche“ mitarbeiterorientierte Ziele. Auch in Schulen und Universitäten wird der Fokus eher auf das Erlernen der organisatorischen, prozessualen und zahlenorientierten Management-Fertigkeiten gelegt. In keinster Weise lernen Menschen dort Menschen zu führen.

Das heißt Führungskräfte von heute hängen oftmals noch im Führen i.S.v. Management, also managen von Prozessen fest, in denen „zufällig“ auch Menschen als eine Ressource (Human Resources) beteiligt sind. Der Schritt zur echten Menschen-Führung wurde in vielen Unternehmen noch gar nicht begonnen oder steckt noch in den Kinderschuhen, während die sich konstant weiterentwickelnde Welt da draußen schon nach einer völlig anderen Form der Führung schreit: hierarchiefrei, auf Augenhöhe, transparent, die Selbstverantwortung und das Potenzial jedes einzelnen freisetzend.

In unserem Buch „Edgeworker – Leadership war gestern!“ beschreiben Nicola und ich die neue Art der Führung eher als eine Art „Raumhalten“, so dass jeder Beteiligte in der Lage ist sein Bestes zu geben, um ein gemeinsames, inspirierendes (weil sinnhaftes) Ziel zu erreichen. Raumhalten kann jeder der bereit ist, Verantwortung für die Erreichung des gemeinsamen Zieles zu übernehmen. Hierarchie und Macht sind dafür nicht notwendig – ja sogar hinderlich, weil sie auf den Spielregeln der Konkurrenz und nicht auf kreativer Kollaboration basieren.

Hier die Gegenüberstellung von traditioneller Führung und unserer Vision einer Führungskraft der nächsten Generation, welche für ein Projekt Raum hält (Anm: Wir haben im Buch dafür den Begriff „Edgeworker“ bzw. „Edgeworking“ gewählt):

Die Herausforderung, die nun entsteht ist, dass Führungskräfte, welche jahrelang systemgegeben traditionelle Führung gelernt und gelebt haben, auf einmal eine andere Sorte Führungskräfte auswählen soll und gleichzeitig das eigene Verhalten in Richtung einer neuen Art der Führung verändern soll, über die sich noch niemand wirklich im Klaren ist … Heilige Scheiße, wie soll das denn bitteschön gehen!?

Der Weg entsteht beim Gehen …

Es macht die Dinge einfacher, wenn wir uns klarmachen, wo wir gerade stehen. Wir sind noch nicht in der neuen Welt angekommen, sondern wir sind bestenfalls gerade erst aus der alten Welt aufgebrochen. Das was im Moment also gebraucht wird, sind nicht bereits die Führungskräfte der neuen Welt. Da uns die neue Welt noch unbekannt ist, können wir nicht wissen, wie Führungskräfte in dieser Welt gestrickt sein müssen, oder ob es überhaupt noch Führungskräfte braucht. Was hingegen momentan gebraucht wird, sind Führungskräfte in einem anderen Sinne – nämlich Menschen, die bereit sind, ins Unbekannte vorauszugehen. Menschen, die bereit sind, die Organisation ins Unbekannte und durch das unsichere Tal des Übergangs zu führen, ohne bereits zu wissen wo es hingeht und wie es geht.

Folgendes Bild macht es deutlich:

Sie wissen zwar, dass die alte Welt in großen Teilen nicht mehr funktioniert bzw. nicht mehr die gewünschten Ergebnisse bringt. Sie wissen aber noch nicht, wie die neue Welt aussehen wird. Es gilt eine Brücke ins Unbekannte zu bauen, welche die alte Welt mit der neuen verbindet und so einen Weg in die neue Welt bahnt. Ungefähr so wie Christopher Columbus sich aufgemacht hat, eine neue Welt zu entdecken – er war sich sicher, dass es sie gibt, aber er wusste nicht wie sie aussah. Und am Ende entdeckte er eine völlig andere Welt, als die zu deren Entdeckung er aufgebrochen war.

Und jetzt fragen Sie sich einfach mal, welche Qualitäten solche Brückenbauer und Weltenentdecker benötigen. Hier ein paar Beispiele:

  • Abenteuerlust, Forschergeist, Gegebenheiten in Frage stellen können
  • innovativ sein, gerne über den Tellerrand denken, querdenken können
  • verantwortlich Risiken eingehen können
  • Fehler machen und aus ihnen lernen können
  • zentriert sein, um die Angst vor dem Unbekannten aushalten zu können
  • zentriert sein, um mit bisherigen Autoritäten auf Augenhöhe kommunizieren zu können
  • empathisch sein, um mit dem Widerstand, den Veränderung erzeugt, umgehen zu können
  • andere begeistern können, authentisch sein
  • ein Team bilden können, auf Augenhöhe mit anderen zusammenarbeiten können, den Gruppengenius zum Vorschein bringen können

Eine Möglichkeit, damit dieser Übergang von der alten Welt zur neuen Welt in Ihrer Organisation gelingen kann, wäre z.B. die Einrichtung eines disruptiven Bereiches mit Edgeworkern, welche diese Qualitäten besitzen und die eng mit der Unternehmensführung zusammenarbeiten. Quasi eine evolutionäre Keimzelle innerhalb der Organisation. Ein Forscher-Team, welches in kleinen machbaren Schritten den Weg aus der alten Welt in die neue Welt bahnt und dabei die gesamte Organisation mitnimmt. Meist müssen Sie dafür noch nicht einmal neue Mitarbeiter oder Führungskräfte einstellen, sondern einfach mal genau nach diesen Qualitäten in Ihrem bestehenden Team Ausschau halten. Und wundern Sie sich nicht, wenn Sie diese Qualitäten genau in den Mitarbeitern finden, die in der alten Welt als Problem angesehen wurden.

Und was bedeutet das für die „alten“ Führungskräfte? Bei diesem Vorgehen benötigen die bisherigen Führungskräfte nur zwei Dinge: die Bereitschaft, den neuen Weg mitzugehen und die Bereitschaft, Führung neu zu lernen.

Haben Sie schon eine Musterbrecher-Abteilung in Ihrer Organisation etabliert? Nein? Na dann wird es höchste Zeit. Sie brauchen Ideen? Dann lassen Sie uns gemeinsam die ersten Schritte gehen.

Lebendigkeit unerwünscht!

Lebendigkeit unerwünscht!

Wir leben und arbeiten in einem selbstmörderischen System, in dem Lebendigkeit als Hauptfeind von Produktivität gilt

Vor ungefähr 20 Jahren nach meinem BWL-Studium trat ich endlich meinen langersehnten ersten Job in der Wirtschaft an. Ich war voller Vorfreude und Enthusiasmus und inspiriert von dem Gedanken, nach so langer Zeit des Lernens meinen Beitrag zum größeren Ganzen leisten zu dürfen. Tja, und was soll ich sagen? Ein paar Tage als Angestellte waren ausreichend, um meine Inspiration und meinen Enthusiasmus vollständig zu ersticken. Und das lag nicht an der Firma, für die ich arbeitete, sondern an dem Konzept „abhängiger Arbeit“, auf dem unser Wirtschafts- und Arbeitssystem grundsätzlich basiert. Um es kurz zu machen – ich hielt es gerade mal 1 Jahr aus, bevor ich mich selbständig machte. Die Angst, die nächsten 40 Jahre im „Gefängnis“ verbringen zu müssen, war größer als mein Sicherheitsbedürfnis.

Damals dachte ich, mit mir stimmt wohl etwas nicht. Ich dachte, ich bin einfach nicht fähig, mich soweit anzupassen, dass ich in diesem Arbeits-Konzept funktioniere. Heute weiß ich, dass mehr dahintersteckt, als ich zunächst glaubte. Mittlerweile habe ich herausgefunden, dass ich mit meinem ganzen Sein dem Prinzip „Lebendigkeit“ verpflichtet bin und dass meine Berufung darin besteht, ein Wegbereiter für Lebendigkeit zu sein. Kein Wunder also, dass ich das Gefühl hatte, zu ersticken. Denn unser herrschendes Wirtschafts- und Arbeitssystem verabscheut Lebendigkeit, wie der Teufel das Weihwasser. Lebendigkeit ist unberechenbar und gilt daher als Produktivitäts- und damit als Profit-Killer Nummer 1, ohne dass dies bewusst ausgesprochen wird!

Produktivität vs. Lebendigkeit

Das Paradigma der Produktivität begann mit der industriellen Revolution Mitte des 18. Jahrhunderts. Mit der Erfindung der Dampfmaschine veränderte sich unsere gesamte Kultur. Wir waren auf einmal in der Lage Produktionsprozesse zu generieren, die uns vermeintlich unabhängig machten von den Launen der Natur, von den chaotischen und nicht-linearen Faktoren des Lebens. Die Maschine wurde für uns zu einem Symbol von beeinflussbarer Leistungsfähigkeit, Produktivität und Wachstum. Dies führte uns zu dem Glauben, dass wir das Leben selbst durch den Einsatz von Technik kontrollieren können, um Produktivität zu steigern und Gewinn (oder Komfort) zu maximieren. Wir begannen Lebendigkeit mit Kontrolle zu managen. Diese neue Art des Denkens und Handelns verbreitete sich in kürzester Zeit in alle unsere Lebensbereiche und wurde zu unserer akzeptierten Normalität, die wir lange Zeit nicht mehr hinterfragten. Und: es funktionierte! Zumindest, wenn man den Verlust von Leben(-digkeit) als geringes Opfer für hohen Profit/Komfort ansieht.

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In Unternehmen bildeten sich typische „maschinengleiche“ Organisationsstrukturen heraus, die heute noch üblich sind. Organisationen sind in Organigrammen strukturiert, in welche die einzelnen Mitspieler, sobald sie Teil der Organisation sind, „hineingepresst“ werden. Organigramme bilden die offiziellen, linearen und hierarchischen Beziehungs- und Kommunikationsstrukturen in der Organisation ab. Sie sind in der Regel klar, übersichtlich und dienen dazu, Reibungsverluste zu vermeiden bzw. die Produktivität zu erhöhen. Und sie sind vor allem eines: linear, statisch und nicht lebendig. Sie lassen den Aspekt außen vor, dass die dort abgebildeten Positionen von Menschen eingenommen werden, die echte Beziehungen zu anderen Menschen haben oder aufnehmen – und zwar aus völlig anderen Gründen, als es das Organigramm vorsieht, z.B. aus Sympathie, Gemeinsamkeiten, persönlichen Interessen bis hin sogar zu Liebe (bekanntlich lernt sich ja ein Großteil von Paaren am Arbeitsplatz kennen).

Menschen in Organisationen werden nicht als lebendige Wesen angesehen, sondern als eine bewertbare und beeinflussbare Ressource (Human Resources). Sie haben eine bestimmte Rolle gemäß ihrer Positionsbezeichnung im Organigramm zu spielen. Während der Arbeitszeit – die ganz genau geregelt ist – hat diese Ressource zu „funktionieren“ wie eine Maschine. Wo immer es möglich ist, wird menschliche Arbeitskraft sogar von Maschinen ersetzt. Anzeichen von Lebendigkeit, wie z.B. das Zeigen von Gefühlen, das Einbringen von privaten Themen, persönliche Transformation o.ä. gelten als unprofessionell und werden nicht geduldet. Selbst Talente und Qualitäten, die über das im Stellenprofil beschriebene Maß hinausgehen, werden meist weder genutzt noch als wertvoll erachtet. Wie Rädchen in einem Getriebe hat jeder seine Aufgabe. Um diese „mechanistische“ Art des Zusammenspiels aufrecht zu erhalten, sind zwei Dinge dringend notwendig. Erstens ist es notwendig, dass die Mitspieler ihre Lebendigkeit an der Stempeluhr oder in der Garderobe ablegen, damit sie ihnen während der Arbeitszeit nicht in die Quere kommt. Da das Leben sich aber trotz allem nicht so einfach durch eigenen Willen einschränken lässt, braucht es in solchen Organisationen eine starke Kontrollinstanz durch Hierarchie und Vorgesetzte sowie durch Zeiterfassung und Berichtswesen. Die soll durch sicherstellen, dass alle Mitspieler funktionieren. Da die Führungskräfte aber auch funktionieren müssen, braucht es auch für sie eine Kontrollinstanz durch Vorgesetzte, etc.

Aus diesem Blickwinkel betrachtet, machte auch unser Schulsystem lange Zeit Sinn – nämlich als Vorbereitung auf ein Arbeitsleben, in welchem Lebendigkeit unerwünscht ist. Schule, wie sie bisher funktionierte, war ein perfektes Training für eine Zukunft als Rädchen im Getriebe. Nicht nur inhaltlich, sondern vor allem dadurch, dass wir lernten stillzusitzen, unsere natürlichen Impulse zu unterdrücken, leise zu sein und uns der Autorität zu unterwerfen. Wir lernten Einzelkämpfertum, Konkurrenz und Wettkampf, statt Kooperation und Austausch und waren damit bestens gerüstet für das, was uns im Arbeitsleben erwartete.

Und das sind nur einige Beispiele, wie in unserer patriarchalen kapitalistischen Kultur Lebendigkeit zum Feindbild erklärt und durch Kontrolle ersetzt wurde. Die Landwirtschaft mit Monokulturen, Flurbereinigung und Massentierhaltung, die nur durch den massiven Einsatz von Düngemitteln, Pestiziden und Antibiotika aufrecht zu erhalten ist oder die Medizin selbst mit Genmanipulation und Therapiemethoden wie Bestrahlung und Chemotherapie sind weitere Beispiele dieses Prinzips. Die Bezeichnung Antibiotikum sagt es ja sogar wörtlich: Anti-Bio-tikum = Mittel gegen das Leben!

Ohne Lebendigkeit ist kein Leben möglich!

Interessanterweise stellt sich nun das, was wir zunächst angenommen haben, nämlich dass der Einsatz von Technik und Kontrolle und die Unterdrückung von Lebendigkeit zu mehr Produktivität führen, langfristig als Irrtum heraus. Die Erhöhung der Produktivität ist nur ein Kurzzeit-Effekt und kehrt sich langfristig ins Gegenteil. Ganz zu schweigen von dem immensen Einsatz von Energie und Ressourcen die dafür notwendig sind, Lebendigkeit im Zaum zu halten. Die entstehenden Prozesse werden immer komplizierter und anfälliger und sind kaum mehr zu handlen – zumindest nicht mit linearen Methoden. Mittlerweile beginnen wir zu erkennen, dass diese Art des Denkens und Handelns ihre Grenzen hat. Denn das Leben durch Kontrolle zu managen, bringt schwere Nebenwirkungen mit sich, die langfristig sogar zum Tod führen können, inklusive der Auslöschung der menschlichen Spezies. Das Paradigma des unendlichen Wachstums, auf dem unsere Wirtschaft basiert, stellt sich langsam aber sicher als narzisstischer Wahnsinn heraus, der dem Gesetz der Natur und des Lebens widerspricht. Denn unaufhörliches Wachstum ist nichts anderes, als das Prinzip eines Krebsgeschwürs, welches sich durch ein lebendes Ökosystem frisst, ohne Rücksicht darauf, dass mit dem Ökosystem auch die eigene Lebensgrundlage vernichtet wird. Unsere Kultur ist nicht tragfähig! Und das wird derzeit an allen Ecken sichtbar.

Immer mehr Menschen wachen auf, werden sich dessen bewusst und beginnen andere Wege zu beschreiten. In dem Kino-Film „TOMORROW – Die Welt ist voller Lösungen“ werden Beispiele gezeigt, wie Menschen sich – meist auf eigene Faust – zusammengetan und gemeinsam neue Lösungen kreiert und ausprobiert haben. Interessanterweise orientieren sich diese neuen Lösungen gerade an der Natur und den Gesetzen des Lebens. Statt die Natur zu kontrollieren, wird sie als Vorbild genommen, denn die Natur mit all ihrem Chaos bietet uns tragfähige und langfristige Lösungsansätze an. Lebendigkeit ist auf einmal nicht mehr das Problem, sondern die Lösung. In den im Film gezeigten Lösungsansätzen, lassen sich bestimmte Prinzipien erkennen, die komplett gegensätzlich zu den Prinzipien sind, auf denen unsere gewöhnlichen und nicht tragfähigen Ansätze basieren.

Das Problem ist die Lösung – die Organisation als lebendiger Organismus

Was können sich Unternehmen nun von diesen Prinzipien und bereits gelebten Lösungen abschauen? Zunächst einmal gilt es, die seit Schulzeiten eingeimpfte Sichtweise zu verändern. Lebendigkeit ist nicht das Problem! Lebendigkeit ist die Lösung! Früher ging es in Unternehmen um die geregelte, konkurrierende „Zusammen“-Arbeit maschinengleicher Söldner, die ihre Lebendigkeit an der Eingangstüre des Unternehmens ablegten und eine professionelle Rolle spielten, für die sie bezahlt wurden, um dem Paradigma des unendlichen Wachstums zu dienen, welches vor allem dem Firmen-Chef bzw. den Aktionären diente. Sinnbild war das fehlerlose Zusammenwirken einzelner Rädchen in einem mechanischen Getriebe.

Zukünftig könnte es in Unternehmen eher darum gehen, ein Ökosystem von lebendigen und unterschiedlichsten Individuen im Sinne der Permakultur aufzubauen, die in selbstorganisierenden Netzwerken in kreativer Kollaboration autonom ihre Qualitäten und Talente einsetzen, um gemeinsame Ziele zu erreichen, von denen sie selbst inspiriert und begeistert sind und die einen höheren Sinn für die Gemeinschaft haben. Ein funktionierendes lebendiges Ökosystem ist anpassungsfähig und kann Ausfälle kompensieren. Führungskräfte würden dann keine Kontrollfunktion mehr ausüben, sondern als Teil des Teams als sogenannte Raumhalter fungieren, damit eine derartige kreative Kollaboration möglich wird. Starre hierarchische Strukturen wären überflüssig, ja sogar hinderlich. Jeder Mitspieler wäre sich bewusst, ein wichtiger Teil eines lebendigen Systems zu sein, in dem sein Beitrag zählt und sinnvoll ist und alles, was er tut oder nicht tut, eine Rolle spielt. Dafür wäre ein hohes Maß an Bewusstheit, Selbstverantwortung und Autonomie notwendig.

Die entsprechenden Voraussetzungen sind in uns Menschen natürlicherweise angelegt und können jederzeit aktiviert werden. Allerdings braucht es dazu eine andere Ausbildung und andere Skills als die derzeit noch von unserem Schul-und Ausbildungssystem zur Verfügung gestellten. Und es braucht Mut, andere Wege zu gehen fernab des Mainstream und der anerkannten Lehrmeinung.

Bist du bereit, dieses Risiko einzugehen und deine Lebendigkeit zu nutzen, um gemeinsam mit anderen eine tragfähige Kultur zu erschaffen? Denn wie du siehst, gibt es viel zu tun und neu zu erfinden.

Wie wäre es, wenn du damit aufhörst, deine Talente, deine Energie und deine Zeit Konzernen und einem System zur Verfügung zu stellen, die Lebendigkeit als Feind ansehen und denen das vielfältige Leben auf diesem wundervollen Planeten egal ist und sie stattdessen GAIA, dem lebendigen Planeten Erde zur Verfügung stellst? Denn GAIA sucht dringen Mitarbeiter! Werde Teil des Teams von Planet Erde!

Change Management – Früher war sogar die Zukunft besser!

Change Management – Früher war sogar die Zukunft besser!

Warum 99% der Veränderungsprozesse in Unternehmen vergebens sind!

Leben ist Veränderung. So wahr diese Aussage auch sein mag, die meisten Menschen sind und bleiben dennoch Gewohnheitstiere. Wir schätzen Beständigkeit und Sicherheit und tun sehr viel dafür, um diesen Zustand zu erhalten. Dafür verdrängen wir die anfangs genannte Wahrheit so gut es geht – manchmal so lange, bis das Leben selbst uns die notwendige Veränderung quasi mit Gewalt aufdrängt. Dies ist ein sehr paradoxes Verhalten von uns Menschen, wenn man bedenkt, dass Veränderung nichts anderes ist, als ein entscheidender Mechanismus der Evolution. Er sorgt für die Anpassung an ein sich ständig veränderndes Umfeld und ist damit im Grunde ein Garant für’s Überleben. Der Umgang mit Veränderungen im Privatleben bleibt natürlich jedem Menschen selbst überlassen. Schwierig wird das genannte Paradoxon, wenn es um Veränderungsprozesse in Organisationen bzw. Unternehmen geht.

Emotion vs. Ratio – Ego vs. Dollar

Die Notwendigkeit der Veränderung in Unternehmen ist klar und logisch nachvollziehbar. Die Märkte entwickeln sich, es entstehen neue Technologien, die Globalisierung nimmt zu, Verbraucher ändern ihr Verhalten, Moden und Trends kommen und gehen. Die rasante Entwicklung der Telekommunikation und der Informationstechnologie in den letzten 20 Jahren ist nur ein Beispiel für dieses sich ständig im Fluss befindliche Umfeld, in dem Unternehmen agieren. Wer hier nicht schnell genug reagiert, ist nicht selten dem Untergang geweiht, wie z.B. die noch vor Jahren erfolgreichen Videotheken der Blockbuster-Kette, die den Einstieg in den digitalen Handel verpasst haben. Veränderungen in Unternehmen sind in der Regel also immer getrieben von rational nachvollziehbaren Gründen.

Das Problem bei der Sache ist allerdings, dass diejenigen, die die Veränderungsprozesse in Unternehmen anstoßen, in der Regel also die Geschäftsleitung, oftmals genau das eingangs erwähnte Paradoxon außer Acht lassen. Sie gehen wie selbstverständlich davon aus, dass die Menschen in der Organisation genauso denken, wie sie selbst und sich deshalb logisch verhalten. Wie viele sinnvolle und notwendige Veränderungen in Unternehmen sind genau an diesem Trugschluss wohl schon gescheitert? Laut einem Artikel des Harvard Business Managers vom Mai 2013 (s.u.) liegt diese Quote immer noch erschreckend hoch.

Denn gegenüber den logischen Gründen für eine notwendige Veränderung steht die unbewusste und menschliche Angst vor Veränderung. Auch wenn diese Angst von außen noch so paradox erscheint: sie ist vorhanden und zwar massenhaft.

„Bewusste Ratio trifft ergo auf unbewusste Emotionen.“

Sand im Getriebe durch schlecht geplantes Veränderungsmanagement

Mit den besten Absichten stößt die Geschäftsleitung also die Veränderung im Unternehmen an und tut vor versammelter Mannschaft die geplanten Reformen kund – nicht ahnend, welche unbewussten Kräfte sie dadurch in Gang setzt. Ab diesem Zeitpunkt gibt es so gut wie kein Zurück mehr. Auch gut gemeinte Korrekturversuche scheitern kläglich bzw. machen die Situation noch schlimmer und die Geschäftsleitung sieht sich wie Goethes Zauberlehrling einem Szenario gegenüber, das nicht mehr wirklich steuerbar ist.

Die von der Veränderung Betroffenen lassen sich in drei Kategorien aufteilen. Diejenigen, die dafür sind und trotz Angst den Weg mitgehen, weil sie dem Unternehmen vertrauen und selbst schon positive Erfahrungen mit Veränderungen gemacht haben. Die zweite und in der Regel größte Gruppe sind die noch Unentschlossenen, die Angst haben und nicht wissen, was die Veränderung für sie persönlich bedeutet und was sie davon halten sollen. Diese Gruppe ist in der Regel recht beeinflussbar und offen für die Meinungen anderer. Die dritte Gruppe besteht aus denjenigen, die grundsätzlich gegen alles sind, insbesondere gegen jede Veränderung – egal wie sinnvoll sie auch sein mag. Zusätzlich hat jeder einzelne Betroffene noch seine persönlichen Motive.

Was nun oftmals eintritt, ist ‚ungesteuerte‘ Gruppendynamik. Es kommt zum alt bekannten Flurfunk, der vor allem von den verneinenden Kräften initiiert wird und der bei den Unentschlossenen zur Meinungsbildung führt. Die Gruppe derer, die emotional gegen die Veränderung ist, wächst stündlich und der Veränderungsprozess – falls er überhaupt in Gang gekommen ist – stagniert. Am Ende sind sich alle einig: „War doch von Anfang an klar, dass das nicht funktioniert!“ Zwei bis drei solcher gescheiterten Veränderungsversuche können in einem Unternehmen zu einer kontinuierlichen Veränderungs-Unwilligkeit, selbst bei den bejahenden Kräften, führen.

Drei Phasen im Veränderungsprozess

Dies ließe sich leicht verhindern, wenn Veränderungsmanager die von der Veränderung Betroffenen zunächst dort abholen würden, wo sie gerade stehen – nämlich bei ihren persönlichen Motiven und ihrer unbewussten Angst vor Veränderung. Ein gut geplanter Veränderungsprozess gliedert sich deshalb grob in drei Phasen:

Bewusstsein schaffen

Das, was in dem geschilderten Szenario fehlt, ist ein gemeinsames Problembewusstsein. Der Veränderungsmanager geht davon aus, dass das Problem und damit der Nutzen der Veränderung für jeden klar und logisch nachvollziehbar ist und geht damit einer ungeprüften Annahme auf den Leim. Aus Mangel an Information machen sich die Betroffenen, getrieben von Angst und ihren persönlichen Motiven, aber nur darüber Gedanken, was die Veränderung für sie persönlich schlimmstenfalls bringen könnte. Ein gemeinsames Problembewusstsein herzustellen heißt, dass der Veränderungsmanager bei den Betroffen Klarheit schafft: Was hat jeder Einzelne persönlich davon, wenn wir gemeinsam diese Veränderung durchführen. Erst wenn diese emotionale Grundlage geschaffen ist, macht es Sinn, im Veränderungsprozess weiter zu gehen.

Wissen und Können entwickeln

Die Angst der Betroffenen liegt oft darin begründet, dass sie nicht wissen, ob sie nach der Veränderung immer noch die gleiche Leistung bringen können, wie bisher. Sei es die Einführung eines neuen EDV-Systems oder eine strategische Neuausrichtung, die den Mitarbeitern neue Aufgaben bringt – die Angst zukünftig zu scheitern, ist groß. Diese Angst und auch ein möglicher Performance-Abfall kann dadurch gemildert werden, dass den Mitarbeitern entsprechendes Wissen und Können z.B. durch Trainings strukturiert und systematisch an die Hand gegeben wird. Auch das Signal, dass ein kurzfristiger Performance-Rückgang durch das Üben und Trainieren von neuem Verhalten mit einberechnet ist, nimmt Angst und schafft Vertrauen.

Für Nachhaltigkeit sorgen

Manchmal scheitern gut geplante Veränderungsprozesse auch an der Nachhaltigkeit. Die ersten beiden Phasen werden engagiert begonnen und irgendwann mittendrin geht dem Prozess die Luft aus. Jeder Veränderungsprozess folgt einem typischen emotionalen Verlauf, dem sogenannten ‚emotional cycle of change‘. In diesem emotionalen Verlauf jeder Veränderung folgt auf die erste Euphorie unweigerlich eine Zeit, in der es anstrengend wird und die Erfolge noch nicht wirklich sichtbar sind. Hier ist die Gefahr des Aufgebens groß: „Es bringt ja doch alles nichts!“. Und viele Veränderungsmanager tun genau das – aufgeben. Wenn sich der Veränderungsmanager aber bewusst ist, dass es diese Phase gibt und dass sie in eine Phase des Erfolges übergeht, wenn der Veränderungsprozess nachhaltig weitergeführt wird, kann er die Betroffenen mit der entsprechenden Strategie durch dieses ‚Tal der Tränen‘ führen.

Zwei bis drei erfolgreich durchgeführte Veränderungsprozesse können in einem Unternehmen zu einem tiefen Vertrauen in die Zukunft führen und der Gewissheit, dass Veränderungen gemeinsam möglich sind!

Quellen:
„Früher war sogar die Zukunft besser“ – Zitat von Karl Valentin
Handelsblatt (24.09.2010): Blockbuster-Pleite – Die Videothek zieht ins Wohnzimmer
Harvard Business Manager (10.05.2013): Change Management – Was sich ändern muss.

Agile braucht Soft-Skills

Agile braucht Soft-Skills

Ohne die entsprechenden Fertigkeiten sind agile Methoden
nur schwer anwendbar

Agile ist das neue „Zauberwort“ in Managementkreisen und entwickelt sich im Moment zu einem regelrechten Hype. Eine Vorgehensweise, die zunächst auf die effiziente Entwicklung von Software ausgerichtet war, erobert gerade die Chefetagen und Organisationsstrukturen kleinerer und größerer Firmen. Es entsteht ein neuer Zweig für Berater und Trainer: Agile Coaches unterstützen Unternehmen dabei, ihren Weg zu mehr Agility im Projektmanagement zu beschreiten.

Aber was ist Agile und lässt sich mehr Agility einfach so verordnen?

Wie gesagt stammen der Begriff „Agile“ und agile Methoden aus der Softwareentwicklung, die dadurch schneller, unkomplizierter und schlanker gestaltet werden sollte. Und da dies ganz gut funktionierte, wurden die entsprechenden agilen Prinzipien irgendwann in das allgemeine Projektmanagement übertragen und sollen dort zur Anwendung gebracht werden. Dabei basiert Agile auf bestimmten Werten und Prinzipien.

Einige der wichtigsten agilen Prinzipien sind folgende (Quelle: Wikipedia):

  • Agile Prozesse nutzen Veränderungen (selbst spät in der Entwicklung) zum Wettbewerbsvorteil des Kunden.
  • Bereitstellung des Umfeldes und der Unterstützung, welche von motivierten Individuen für die Aufgabenerfüllung benötigt wird
  • Informationsübertragung nach Möglichkeit im Gespräch von Angesicht zu Angesicht
  • Einfachheit ist essenziell
  • Selbstorganisation der Teams bei Planung und Umsetzung
  • Selbstreflexion der Teams über das eigene Verhalten zur Anpassung im Hinblick auf Effizienzsteigerung

Soweit so gut. Insoweit könnten agile Methoden tatsächlich eine nützliche Herangehensweise an komplexe, durch ständige äußere Veränderung beeinflusste Sachverhalte im Unternehmenskontext sein.

Das Problem ist allerdings, dass Agile ein völlig neues Spiel darstellt. Mit Spiel ist dabei eine bestimmte Art der Interaktion zwischen den Spielern (= alle am Spiel Beteiligten) unter Anwendung bestimmter Regeln und Prinzipien gemeint. Und es ist eine Sache, die entsprechenden Spielregeln und Prinzipien zu kennen und eine andere Sache, nach den neuen Spielregeln zu spielen. Letzteres benötigt in der Regel einen Lernprozess, einen Umgewöhnungsprozess, der oftmals bei der Umstellung von herkömmlichen zu agilen Methoden übersehen wird. Es wird oft davon ausgegangen, dass es reicht, die Spielregeln zu erklären. Dabei braucht es eine völlig neue Art des Denkens und Handelns.

Neue Denk- und Verhaltensweisen müssen erlernt werden

Wenn Sie sich einige der o.g. Prinzipien mal genauer ansehen und in die Tiefe gehen, wird klar, wo die Problematik liegt.

Agile-Prinzip:
Agile Prozesse nutzen Veränderungen (selbst spät in der Entwicklung) zum Wettbewerbsvorteil des Kunden

Veränderungen stellen schon für Individuen oftmals ein Problem dar — -ganz zu schweigen von Teams und Organisationen. „Der Mensch ist ein Gewohnheitstier“ heißt das Sprichwort. Menschen tun sich in der Regel schwer, aus ihrer Komfortzone herauszutreten und Veränderungen willkommen zu heißen. Die Angst vor der Ungewissheit ist groß und schließlich könnte im Endeffekt ihr Job, ihre Position oder ihr Gesicht auf dem Spiel stehen. Schlecht durchgeführte und gescheiterte Change-Prozesse in Unternehmen gibt es zuhauf, welche die Veränderungswilligkeit von Mitarbeitern noch zusätzlich strapazieren.

Mindestens zwei bestimme Soft-Skills sind notwendig, um Veränderungen wirklich willkommen heißen zu können. Erstens eine neue Haltung, ein anderes Bewusstsein in Bezug auf Veränderung. Durch frühe Konditionierung haben die meisten Menschen „Veränderung“ mit „gefährlich“ oder „unbequem“ verkabelt. Hier braucht es eine Neuprogrammierung. Und diese Neuprogrammierung funktioniert nicht über den Intellekt, also nicht durch bloßes Verstehen. Es braucht neue Erfahrungen, um dieses neue Bewusstsein wirklich zu verankern und aus der automatisierten Reaktion auf Veränderung aussteigen zu können.

Die zweite Fähigkeit, die benötigt wird, um Veränderungen willkommen heißen und nutzen zu können, besteht in einem bewussten Umgang mit dem Gefühl Angst. Veränderungen sind immer mit Angst verbunden und das ist gut so. Angst ist notwendig, um wach und vorsichtig Neuland betreten zu können. Da Angst bzw. Gefühle an sich in unserer Arbeitswelt aber immer noch als unprofessionell gelten und es nicht okay ist, Gefühle zu haben, haben die meisten Menschen keinen Zugang zu ihrer Angst. Angst darf nicht sein und muss partout vermieden werden. Aber solange Angst nicht okay ist, sind Veränderungen auch nicht okay, denn sie bedeuten immer eine Gefahr. Hier braucht es also einerseits eine neue Haltung in Bezug auf Gefühle an sich und in Bezug auf das Gefühl „Angst“. Nämlich dass Angst nicht negativ ist, sondern neutral und nützlich, um mit Veränderungen klar zu kommen. Und mit dieser neuen Haltung gilt es dann zu lernen, Angst wieder zu fühlen und bewusst zu nutzen, um neue Wege zu finden.

Wenn Sie also im Rahmen der Umstellung auf agile Methoden Ihren Mitarbeitern sagen, dass ab jetzt Veränderungen im Prozess als Wettbewerbsvorteil genutzt werden sollen, dann ist das ein gut gemeinter Ratschlag, der aber in den meisten Fällen nicht so einfach umzusetzen ist. Nämlich dann, wenn die beschriebenen Soft-Skills dazu noch fehlen.

Selbstorganisation und Selbstverantwortung entstehen nicht von alleine

Agile-Prinzipien:
Bereitstellung des Umfeldes und der Unterstützung, welche von motivierten Individuen für die Aufgabenerfüllung benötigt wird / Selbstorganisation der Teams bei der Planung und Umsetzung

Sie können es sich sicher denken, auch Selbstorganisation lässt sich nur schwer verordnen, insbesondere wenn Teams jahrelang Dienst nach Vorschrift gemacht haben bzw. das Projektmanagement unter der Leitung eines Projektmanagers lief. Damit das Projekt nicht im Chaos endet oder im Sand verläuft, braucht es in selbst organisierten Teams viel Kommunikation und Absprachen. Auch hierzu benötigen die Mitspieler bestimmte Soft-Skills.

Es braucht zum Beispiel jemanden, der auf der Meta-Ebene Raum hält für das Projekt. Raum halten ist in diesem Fall nicht gleichzusetzen mit dem klassischen „Führen“ oder dem Projektmanagement. Raum halten bedeutet, dass eine Person oder eine Gruppe von Personen einen Teil ihrer Aufmerksamkeit dazu nutzt, ein Umfeld zu schaffen, in dem alle Beteiligten gestärkt, genährt, zentriert und inspiriert zusammenwirken können. Dass Probleme schnell auf den Tisch kommen und Lösungen gefunden werden. Dass interne Reibereien und kommunikative Missverständnisse aufgelöst werden, usw. Und, haben Sie in der Schule oder an der Uni Raumhalten gelernt? Höchst wahrscheinlich nicht.

Allein um die Kommunikation in selbstorganisierten Teams aufrecht zu erhalten und nicht in Missverständnissen, Streit, Groll oder Drama zu enden, sind entsprechende Kommunikations-Tools notwendig, welche die Selbstorganisation und die Eigenverantwortlichkeit im Team fördern. Es braucht eine bewusste, offene und verantwortliche Kommunikation zwischen den Beteiligten und Werkzeuge für den Konfliktfall.

Auch das Thema der Eigenverantwortlichkeit an sich ist nicht trivial. Denn auch in Bezug auf Verantwortung herrscht manchmal eine Konditionierung, die nicht nützlich ist und dazu führt, dass Menschen keine Verantwortung übernehmen wollen. Solange Verantwortung (unbewusst) gleichgesetzt wird mit „eine Last“, „schwer“, „die Schuld haben, wenn etwas schief geht“, etc. wird Selbstverantwortung nur solange okay sein, bis es ein Problem gibt. Wir leben in einer Kultur, in der wir gewohnt sind, nur einen gewissen Grad an Verantwortung zu übernehmen und den Rest auf eine höhere Instanz zu verlagern (Vater Staat, das Unternehmen, für das ich arbeite, der Vorgesetzte, …). Radikale Selbstverantwortung ist eine Perspektive bzw. eine Fähigkeit, welche auch erst durch neue Erfahrung erlernt werden muss.

Die Voraussetzung für Selbstreflexion ist eine positive Feedback-Kultur

Agile-Prinzip:
Selbstreflexion der Teams über das eigene Verhalten zur Anpassung im Hinblick auf Effizienzsteigerung

Ehrliche Selbstreflexion ist schon für Individuen eine Herausforderung und benötigt viel Klarheit und Bewusstheit. Selbstreflexion in Teams ist dann noch etwas schwerer, da der Aspekt der Kommunikation im Sinne von gegenseitigem Feedback hinzukommt. Damit dies reibungslos funktionieren kann, ist eine positive Feedback- und Fehlerkultur die Voraussetzung. Doch ganz ehrlich: wo herrscht eine solche Kultur, außer in der Wunschvorstellung schön geschriebener Mission-Statements? Nach 9 bis 13 Jahren Schul-Karriere ist das mit der Fehler-Kultur so eine Sache. Der normale Westeuropäer ist jahrelang darauf konditioniert worden, dass es schlecht ist, Fehler zu machen und dass es im schlimmsten Falle zu Ausgrenzung und Bestrafung führt. Daher wird auch Feedback nicht unbedingt als erstrebenswert angesehen, sondern häufig gleichgesetzt mit Kritik oder Angriff. Feedback wird dann vielleicht noch vom Vorgesetzten akzeptiert, aber von Gleichgestellten?

Diese Haltung erschwert die Umsetzung dieses agilen Prinzips enorm und birgt die Gefahr, dass offenes Feedback und Selbstreflexion zu Groll und Konflikten im Team führen. Auch hier muss die entsprechende Fähigkeit zunächst in einem sicheren Umfeld entwickelt werden. Eine neue Kultur entwickelt sich nicht einfach durch die Entscheidung, ein bestimmtes Prinzip ab heute anzuwenden.

Agile ist mehr als eine Methode

Dies sind nur drei Beispiele, warum es zur Anwendung agiler Methoden mehr braucht, als einen Workshop über agile Methoden. Solange der Boden nicht bereitet ist und nicht alle Beteiligten befähigt werden, durch das Erlernen entsprechender Soft-Skills die agilen Prinzipien anzuwenden, wird der Samen von Agile nicht aufgehen können. Wie jede neue Vorgehensweise, kann auch Agile nur in einem neuen, passenden Kontext gedeihen. Wenn Sie also Agile für Ihr Unternehmen entdeckt haben, sollten Sie auch in Betracht ziehen, allen Beteiligten die entsprechenden Soft-Skills zur Verfügung zu stellen.

Schnelles Lernen ist eine Notwendigkeit  der nächsten Kultur

Schnelles Lernen ist eine Notwendigkeit der nächsten Kultur

Der Evolution ist es egal, dass wir die Freude am Lernen verloren haben

Ich bin ein leidenschaftlicher Lerner. Ich lerne so gerne, dass ich das Lernen sogar zu meinem Beruf gemacht habe. Und dennoch musste ich irgendwann feststellen, dass tief in mir eine unbewusste Abneigung gegen das Lernen vorhanden ist. Das war eine unerwartete Entdeckung.

Während einer Session mit einer Trainerkollegin wurde uns klar, dass die Art und Weise, wie Lernen in unserer jetzigen Kultur von Statten geht und die Erfahrungen, die wir selbst mit dem Lernen gemacht haben, in uns tiefe Überzeugungen hinterlassen haben, die es verhindern, dass wir uns voll und ganz auf das Lernen einlassen können.

Lernen ist in unserer Kultur sehr stark mit Strafe und Sanktionen verbunden

Lernen in unserer heutigen Kultur bedeutet in der Regel, dass wir noch nicht ganz fertig sind, noch nicht gut genug. Das Lernen findet in abgetrennten Institutionen statt, wie der Schule oder der Universität, die uns auf das Leben vorbereiten sollen. Lernen ist in unserer heutigen Kultur somit getrennt vom eigentlichen Leben. Es findet sozusagen „vorgelagert“ statt – erst müssen wir lernen und erst dann können wir leben. Dabei wird in diesen Institutionen hauptsächlich Wissen in die Köpfe der Lernenden gekippt, was sie aber in keinster Weise auf das wirkliche Leben vorbereitet.

Durch Prüfungen wird dann getestet, ob dieses Wissen abgerufen werden kann. Teilweise wird zusätzlich geprüft, ob der Lernende in der Lage ist, das Wissen auch im theoretischen Kontext anzuwenden. Die ständige Bewertung, die damit verbunden ist (gut/schlecht, bestanden/ durchgefallen, etc.) und die daraus folgenden drohenden Sanktionen, wie Ausgrenzung, Sitzenbleiben oder Strafe, lassen das Lernen zu einem angstbesetzten Gewinner/Verlierer-Spiel werden, das Konkurrenz und Wettkampf fördert. Zudem ist Lernen in unserer Kultur überaus hierarchisch organisiert. Ziel des Lernens ist es, sich einen möglichst hohen Status in der Gesellschaft zu erarbeiten – ein Hochschulabschluss gilt z.B. mehr als ein Hauptschulabschluss – aber Lernende stehen im Status zunächst erstmal weit unten. Außerdem sind sie dem Urteil sogenannter Autoritäten (Lehrer, Professor, etc.) ausgeliefert. Deren Urteil bestimmt über Wohl und Wehe des Lernenden – manchmal sogar über dessen Zukunft.

Die Art wie wir lernen, fördert Lernunwilligkeit, selbst bei leidenschaftlichen
Lernern

Kein Wunder also dass wir froh sind, irgendwann mit dem Lernen fertig zu sein und „ausgelernt“ zu haben. Dieser Zustand wird während der Schulzeit ständig herbeigesehnt. Wenn wir aber dann so weit sind, haben wir bereits eine derartige bewusste oder unbewusste Abneigung gegen das Lernen entwickelt, dass wir uns ungerne freiwillig in weitere Lernsituationen begeben wollen. Es kann dazu führen, dass wir uns später im Leben schwer tun mit Feedback oder Kritik – sei es im Privatleben oder am Arbeitsplatz.

Dies gilt nicht nur für Menschen, die ungern zur Schule gegangen sind oder die Schule sogar gehasst haben! Ich selbst habe die Schule geliebt – aber eben nur deswegen, weil ich zu den Gewinnern gehörte! Ich hatte den Vorteil, dass ich mir Wissen schnell aneignen und merken und deshalb das Spiel zu meinen Gunsten nutzen konnte. Dennoch hatte es mit dem echten Leben nicht das Geringste zu tun. Ich war danach nicht mehr oder weniger auf das Leben vorbereitet, wie jeder meiner Schulkameraden. Und obwohl ich ein Gewinner war, habe ich dennoch eine Abneigung gegen das Lernen entwickelt.

Und diese allgemein verbreitete „Lernstörung“ kann uns heute zum Verhängnis werden. Die Geschwindigkeit, in der sich unsere Lebensumstände derzeit verändern, nimmt ständig zu. Die globalen Herausforderungen, die es in naher Zukunft zu meistern gibt, erfordern von uns die Fähigkeit, schnell zu lernen und neue Möglichkeiten zu entdecken. Wenn wir aber unbewusst nicht bereit sind, zu lernen, d.h. Fehler zu machen, zu experimentieren, zu scheitern und wieder aufzustehen, werden wir uns schwer tun, unsere Zukunft zu gestalten. Das Leben bleibt aber nicht stehen, nur weil wir den Spaß am Lernen verloren haben. Und wenn wir die Zukunft nicht gestalten, dann wird die Zukunft uns gestalten – wie auch immer das aussehen mag. Dies gilt im Kleinen wie im Großen – egal ob es sich um das persönliche Leben, die Entwicklung eines Unternehmens oder eine Organisation oder unserer Gesellschaft an sich handelt.

Dabei ist das Lernen eine der schönsten und magischen Fähigkeiten der menschlichen Natur! Der Zustand, den wir so sehr herbeisehnen, nämlich „fertig“ zu sein und „ausgelernt“ zu haben, ist eine Illusion! Leben heißt immerwährendes Lernen! Jeder der schon mal einem kleinen Kind dabei zugesehen hat, wie es laufen lernt – mit welcher Leidenschaft, Geduld, Mut, Hartnäckigkeit und Spaß – weiß, wovon ich spreche. Um zukunftsfähig zu sein, müssen wir uns genau diese Einstellung zum Lernen wieder zurückerobern und uns eine neue Sichtweise in Bezug auf das Lernen aneignen.

Der Evolution ist es egal, ob wir den Spaß am Lernen verloren haben

Eine Gegenüberstellung zwischen der traditionellen und einer möglichen anderen Sicht auf das Lernen findet zeigt folgende Landkarte:

Lernen – traditionelle SichtweiseLernen – alternative Sichtweise
findet im Kopf stattfindet in allen 4 Körpern (physisch, intellektuell, emotional, energetisch) statt
kommt vor dem Leben / ist getrennt vom Leben (erst muss ich lernen, dann kann ich leben)mitten im Leben /
Lernen = Leben, Spielen = Leben
=> Lernen ist Spielen
ist linear (erst A, dann B, dann C)ist nicht linear
Ziel des Lernens ist es, irgendwann fertig und ausgebildet sein („ausgelernt haben“ / ein Zustand in der Zukunft)es ist nicht das Ziel, irgendwann fertig zu sein; Lernen gehört zum Leben, wie Atmen (vom ersten bis zum letzten Atemzug)
mein Zentrum/meine Kraft liegt in der Zukunft, da ich erst nach dem Lernen handlungsfähig binich bin immer handlungsfähig, selbst während ich lerne – mein Zentrum/meine Kraft liegt im JETZT
wird benotet nach gut und schlecht bzw. von ungenügend bis sehr gutproduziert Feedback: was hat funktioniert, was hat nicht funktioniert, welche anderen Möglichkeiten gibt es
ist anstrengend / immer ernst und schwerist high level fun
es geht um Bestehen oder Durchfallen (= gewinnen oder verlieren)Es geht nicht um Bestehen oder Durchfallen, sondern es ist ein fortwährender Prozess: Go – Beep – Shift – Go
ich muss einer Autorität beweisen, dass ich es kanndas Leben und die Resultate zeigen auf, was funktioniert und was nicht funktioniert
ist abhängig von der Bewertung von sogenannten Autoritäten (= Lehrer, Professor, Guru)ich bin meine eigene Autorität und hole mir Feedback von Mentoren und Unterstützern
ich sollte es eigentlich schon können, d.h. lernen ist nicht o.k. / ist eine SchwächeNicht Wissen ist o.k. / Am Anfang sein ist o.k.
heißt, ich bin noch nicht gut genugheißt, ich lebe
ist verbunden mit emotionaler Angst vor dem Versagen und vor Sanktionen (Strafe, Sitzenbleiben, etc.)beim Lernen Angst zu verspüren ist authentisch erwachsen und normal, denn ich betrete Neuland
Angst ist schlecht – führt zu Black OutAngst ist der Motor für neue Experimente und Innovation – Angst ist o.k.
wer es nicht kapiert, braucht Nachhilfedas Leben bietet ständig Gelegenheiten zum Lernen
wer schnell kapiert, ist der Siegerschnelles Lernen ist eine erlernbare Fähigkeit
Wissen ist Macht / KontrolleWissen ohne Tun ist nutzlos; Wissen ist Verantwortung
es gibt einen vorgegebenen Lehrplan und eine klare Vorstellung davon, was man wissen/können muss, um ein anerkanntes Mitglied der Gesellschaft zu seinvöllig Neues, Ungewöhnliches ist möglich; beinhaltet eine Fülle von Möglichkeiten, ich lerne, was ich wirklich brauche, nicht was vorgegeben ist
macht uns zu Einzelkämpfern u. Konkurrentenich brauche ein Team, um das zu lernen, was wirklich notwendig ist
Haltung beim Lernen: „Augen zu und durch“Haltung beim Lernen: „Augen auf und experimentieren“

Wenn Sie in Ihrem Unternehmen oder in Ihrer Organisation also Veränderungen anstreben, seien Sie sich bewusst, dass vermutlich ein Großteil Ihres Teams und vielleicht sogar Sie selbst mehr oder weniger an dieser gesellschaftlich verbreiteten „Lernstörung“ leiden. Erst das Bewusstsein darüber und neue, positive Erfahrungen mit dem Lernen machen es möglich, eine neue Sichtweise anzunehmen und die alte Programmierung loszuwerden. Dazu braucht es einen „geschützten“ und gehaltenen Raum, in dem es in Ordnung ist zu experimentieren und Fehler zu machen.

Bisher galt vielleicht der Grundsatz: „Fehler kosten Zeit und Geld – Fehler werden bestraft!“

Zukünftig könnte der Grundsatz gelten: „Wenn du nicht genug Fehler machst, bist du nicht innovativ – und die Evolution wartet nicht auf dich!“ Welcher Grundsatz gilt in Ihrer Organisation – bewusst oder unbewusst?

Führt die Sucht nach Kausalität in die Sackgasse?

Führt die Sucht nach Kausalität in die Sackgasse?

In Zeiten schnellen Wandels sind Musterlösungen
und Patentrezepte oft unbrauchbar

Beim letzten Wevent in München, einer Open Space Veranstaltung zum Thema „Zukunft der Arbeit“, gab es eine Session mit der Überschrift „Denkfehler New Work“. Die Diskussion rankte sich dabei um die Tatsache, dass wir oft sehr schnell bestimmte Schlüsse ziehen – die vielleicht gar nicht in einem direkten Zusammenhang mit angenommenen Bedingungen stehen. So z.B. wird im Moment gerne jedes ungewöhnliche Vorgehen eines Unternehmens mit dem Stempel „New Work“ versehen, in der Hoffnung, eine übertragbare Patentlösung für die Zukunft der
Arbeit daraus zu machen. Aber vielleicht liegt das ungewöhnliche Vorgehen in ganz anderen Ursachen begründet, die eher mit dem Produktionsprozess, der Firmenstruktur oder sonstigen Bedingungen zu tun haben. Das gerade gefundene Paradebeispiel wäre dann schon bei nächster Gelegenheit nicht mehr sinnvoll anwendbar.

Aber warum neigen wir überhaupt dazu, nach Kausalität zu suchen – nach Mustern und Gesetzmäßigkeiten? Warum lieben wir unsere „Wenn–Dann“s so heiß und innig, dass wir uns ungern von ihnen trennen?

Ganz einfach: Kausalität und Linearität haben etwas Beruhigendes und erleichtern uns das
Leben. Aus A folgt B. Wie schön – keine weiteren gedanklichen Anstrengungen notwendig! Problem gelöst und zurück in die heimelige Komfort-Zone unserer Gewohnheits-Box! Es fühlt sich einfach gut an, wenn wir glauben die Zusammenhänge zwischen Ursache und Wirkung gefunden zu haben. Die Angst, die mit dem Nicht-Wissen verbunden ist, wird dadurch gemildert. Wir müssen sie nicht mehr fühlen. Selbst wenn es sich um eine schwere Krankheit handelt, fühlen wir uns meist etwas besser, wenn wir ihren Namen kennen. Denn dann ist der Feind benannt und wir können mit den üblichen Mitteln dagegen vorgehen. Ob die Zusammenhänge in diesem Fall anders sein könnten, darüber machen wir uns erst Gedanken, wenn die übliche Heilmethode keine Wirkung zeigt.

Ein Beispiel:

1 + 1 = 2

„Richtig!“, sagt ein Teil von Ihnen wahrscheinlich gerade. Klar, was sonst? Das fühlt sich gut an und sicher. Das kann in jedem Lehrbuch nachgelesen werden und ist mathematisch unangreifbar. Allerdings ist die Rechnung dann auch zu Ende, d.h. wir denken nicht mehr darüber nach oder stellen das Ergebnis nicht in Frage. Das hat seine Vorteile, aber auch seine Nachteile.

Wie sieht es hiermit aus:

1 + 1 = 1

Oder hiermit:

1 + 1 = 3

1 + 1 = ∞

Wie fühlen sich diese Gleichungen für Sie an? Können Sie den Teil in sich spüren, der sich
vehement dagegen wehrt und für den sich diese Gleichungen seltsam anfühlen? So ein Quatsch – muss wohl ein Schreibfehler sein! Weil sie vom Normalen und Bekannten abweichen, sind diese Möglichkeiten unbequem. Sie kitzeln und provozieren unseren logischen
Verstand. Unweigerlich fängt ein kleiner Teil in unserem Gehirn an, darüber nachzudenken, was das bedeuten könnte. Und genau genommen sind diese Gleichungen genauso zutreffend, wie die uns allen bekannte. Es kommt einfach auf den Kontext an!

Was will ich damit sagen? Kausalität und Linearität sind wunderbar – solange wir sie bewusst einsetzen. Doch schnell kann sich unsere Neigung kausal und linear zu denken, zu einer unbewussten Vermeidungsstrategie entwickeln, um nicht mit der Angst des Nicht-Wissens konfrontiert zu werden. Natürlich ist es ein Vorteil, wenn wir nicht immer alle auf uns einströmenden Informationen verarbeiten müssen, sondern selektieren und clustern, um Gesetzmäßigkeiten zu erkennen, die uns helfen in ähnlichen Situationen schneller zu reagieren. Ja, das Rad muss nicht immer wieder neu erfunden werden – die Frage ist nur, was haben wir durch diese Vorgehensweise wohl alles verpasst, zu erfinden? Irgendwann wird diese Art des Denkens dann zur Gewohnheit – wir können gar nicht mehr anders. Und in Zeiten wie diesen, in Zeiten schnellen Wandels und tiefgreifender Veränderungen kann uns genau das zum Verhängnis werden. Nämlich dann, wenn wir gar nicht mehr in der Lage sind, nicht-linear zu denken und zu handeln.

Neben der genannten Vorteile, hat kausales, lineares Denken und Vorgehen entscheidende Nachteile:

  • Es schließt Individualität und damit die Realität aus
  • Es fördert vor allem naheliegende Lösungen
  • Es vereinfacht oft zu stark, was bei steigender Komplexität zu einem Rückgang des Wirkungsgrades führen kann
  • Es setzt zu viele Prämissen und Bedingungen als gegeben voraus
  • Es wiegt in vermeintlicher Sicherheit, da wir der Regel folgen: „Wenn es logisch ist, ist es richtig“
  • Es schließt die Möglichkeit der Möglichkeit aus, nämlich dass es unendlich viele andere Möglichkeiten gibt
  • Es hemmt echte Innovation und Evolution
  • Es ist langweilig, vorhersehbar und macht keinen Spaß
  • u.v.m.

Das Problem ist, dass wir die aktuellen gesellschaftlichen und globalen Herausforderungen mit diesem uns so gewohnten linearen und kausalen Vorgehen voraussichtlich nicht lösen können. Wir befinden uns in einer Zeit der tiefgehenden Transformation. Alte, für richtig befundene
Gesetzmäßigkeiten verlieren ihre Gültigkeit. Wir werden unweigerlich gezwungen, Neuland zu betreten und die Welt neu zu erfinden. Transformation und Innovation sind unbequem, da Angst ihr natürlicher Begleiter ist. Und so lange wir „unbequem“ und „Angst“ gleichsetzen mit
„anstrengend“, „gefährlich“ oder „unattraktiv“, werden wir versuchen, uns so schnell wie möglich wieder auf die rettende Insel einer Musterlösung oder eines Patentrezepts zu flüchten.

Um die aktuellen Herausforderungen zu meistern und die Zukunft der Arbeit neu zu erfinden, sind also andere und ungewöhnliche Skills erforderlich, als das übliche kausale Denken, das wir jahrelang durch Schule, Universität und Ausbildung verinnerlicht haben, nämlich u.a.:

  • Die Fähigkeit, am Rande der eigenen Komfort-Zone und darüber hinaus zu agieren
  • Die Fähigkeit, Angst zu tolerieren und als Raketentreibstoff für Innovation zu benutzen
  • Die Fähigkeit, nicht-linear zu denken und zu handeln
  • Die Fähigkeit, bisher gültige Gesetzmäßigkeiten und Regeln zu brechen bzw. außer Kraft zu setzen
  • Die Fähigkeit, im Nicht-Wissen zu stehen und aus dem Nichts etwas neues entstehen zu lassen
  • Die Fähigkeit, leidenschaftlich zu experimentieren und Fehler zu machen, um daraus schnell zu lernen

Das lernen wir nicht in der Schule oder in konventionellen Ausbildungs-Programmen. Dazu müssten wir unsere jahrelange Konditionierung auf Logik und Folgerichtigkeit zunächst einmal wieder verlernen bzw. uns bewusst machen, dass sie flächendeckend vorhanden ist.

Wenn Sie Ihr Unternehmen also zur Zukunftsfähigkeit transformieren möchten, wird Ihnen nichts anderes übrig bleiben, als einen höchst individuellen Transformationsprozess zu durchlaufen und durch leidenschaftliche Experimente die individuelle Art von „New Work“ zu erfinden, die zu Ihrer Organisation passt – mit allem was dazugehört. Es könnte hilfreich sein, sich dabei stets bewusst zu machen, dass dieser Übergang unbequem sein wird und dass Unbequemlichkeit auch Spaß machen und auf einer anderen Ebene nährend sein kann – wie eine Nacht am Lagerfeuer im Schlafsack.

Sie können natürlich auch versuchen, das zu kopieren, was andere bereits erfolgreich ausprobiert haben – Unternehmen wie Semco, GoreTex, Upstalboom, usw. Seien Sie sich aber immer bewusst, dass es sich dabei nicht um Patenrezepte oder Musterlösungen handelt, sondern lediglich um gelungene Experimente. Es hätte wahrscheinlich genauso gut in die Hose gehen können. Nur hätten wir dann wahrscheinlich nie davon gehört. Und selbst wenn es bei Semco funktioniert, heißt das noch nicht, dass es bei Ihnen funktionieren wird. Denn für die Erfindung einer nachhaltigen Zukunft auf diesem Planeten und der Zukunft der Arbeit gibt es (noch) keine Patentlösungen! Das, was wir aus diesen Beispielen aber allemal lernen können ist, dass etwas anderes wirklich möglich ist.

Viel Spaß beim Experimentieren und Erfinden!

Der Kontext bestimmt, was möglich ist

Der Kontext bestimmt, was möglich ist

Warum neue Management- oder Führungsmethoden oft unwirksam sind

Viele Unternehmen und Organisationen stehen im Moment an einem Punkt, an dem die gewohnten Vorgehensweisen, die in der Vergangenheit vielleicht ganz gut funktioniert haben, auf einmal nicht mehr dieselben Ergebnisse produzieren. Die Welt verändert sich gerade rasend schnell und Unternehmen und Organisationen hinken oft hinterher, weil sie nicht schnell genug auf diese Veränderungen reagieren können. Und vielleicht haben Sie in Ihrer Organisation auch schon viel an Neuem ausprobiert und dazu Trainings und Change-Prozesse durchlaufen – aber so richtig viel geändert hat sich dadurch nicht? Doch woran liegt das?

Eine in der Regel wenig berücksichtigte, aber sehr massive Einflussgröße ist der sogenannte Kontext. Der Kontext ist das Umfeld, in welches ein System eingebettet ist. Das System verhält sich entsprechend der Einflüsse des Kontexts. Der Kontext bestimmt somit typische Verhaltensmuster im System. Er verleiht den Einzelteilen eines Systems so auch einen bestimmten Sinnzusammenhang. So kann die gleiche Sache in unterschiedlichen Kontexten, eine unterschiedliche Bedeutung haben.

Ein Beispiel aus der Natur ist das Öko-System Wald. Dieses System wird von bestimmten Faktoren beeinflusst, die den Kontext darstellen, in den das System eingebettet ist. Kontextgrößen wären in diesem Fall z.B. die Bodenbeschaffenheit, die Wasserqualität oder das Klima. Ein Wald im nordwestlichen Europa sieht entsprechend dem vorherrschenden Kontext völlig anders aus, als beispielsweise ein Wald in Südostasien.

Zusammenhang von System und Kontext, Dr. Robert Gilman (Quelle: Vortrag “What time is it?”, Dr. Robert Gilman)

Würden wir nun versuchen, unseren nordwestlichen Wald in einen südostasiatischen Regenwald zu verwandeln, würde uns der hier vorherrschende Kontext schnell einen Strich durch die Rechnung machen. Der Kontext ließe diese Veränderung nicht zu und die Pflanzen würden einfach absterben. Im Gegensatz dazu können wir beobachten, dass im Zuge des aktuellen Klimawandels, der quasi eine „ungewollte“ Änderung des Kontexts darstellt, es Pflanzen aus völlig fremden Erdteilen auf einmal gelingt, sich in nordwestlichen Breitengraden anzusiedeln. Der Kontext bestimmt also, was in einem System möglich ist und was nicht.

Das gleiche gilt für einen kulturellen bzw. ideellen Kontext. Unser System „Gesellschaft“ ist eingebettet in einen herrschenden kulturellen Kontext. Das Problem ist, dass uns dieser kulturelle Kontext meist nicht bewusst ist, da die Einflussgrößen eines kulturellen Kontexts nicht aus physisch messbaren Faktoren, wie Bodenbeschaffenheit, Wasser oder Klima bestehen, sondern ideeller Natur sind, d.h. aus Annahmen, Unterscheidungen, Regeln und Paradigmen bestehen, die als gegeben betrachtet und in der Regel lange Zeit nicht mehr hinterfragt werden. Es handelt sich dabei um eine bestimmte Art der Weltanschauung oder eine geltende Lehrmeinung.

Eine Organisation oder ein Unternehmen ist ebenfalls ein System, welches in einen ideellen Kontext eingebettet ist. In Bezug auf Unternehmen in der westlichen modernen Welt könnte dieser noch herrschende Kontext als „durch Sozialgesetze entschärfter patriarchaler Kapitalismus“ beschrieben werden. Dieser Kontext beinhaltet ganz bestimmte Regeln und Annahmen, die wiederum zu typischen Vorgehensweisen im System führen. Vorrangiges Ziel unternehmerischen Handelns in diesem Kontext ist es, Gewinne zu erzielen und dazu Marktanteile auszubauen.

Typische Annahmen, Paradigmen und Verhaltensweisen in diesem Kontext sind z.B.:

  • Konkurrenz und Wettbewerb sind förderlich und beleben das Geschäft
  • Es geht um Gewinnen oder Verlieren (von Ressourcen, Marktanteilen, Status …) – der Stärkere gewinnt
  • Der Markt wird reguliert durch Angebot und Nachfrage
  • Menschliche Arbeit ist eine quantifizierbare Ressource (human resources), die verwaltet werden muss
  • Hierarchien sind notwendig, um effektiv Ziele zu erreichen
  • Menschen in Organisationen müssen geführt, motiviert und kontrolliert werden, damit sie funktionieren

Das Ergebnis des wirtschaftlichen Handelns das auf diesem Kontext basiert, lässt sich an der derzeitigen Verfassung unseres Planeten ablesen, wie auch an den aktuellen gesellschaftlichen Gegebenheiten. Was in der Vergangenheit gut funktioniert zu haben scheint, entpuppt sich angesichts der aktuellen globalen Entwicklungen als sicherer Weg in den kollektiven Untergang.

Tiefgreifende und nachhaltige Veränderungen sind deshalb notwendig, um diesen eingeschlagenen Weg zu verlassen – Prinzipien wie Nachhaltigkeit, Umweltverträglichkeit und CSR (Corporate Social Responsibility) werden notwendig. Die Schwierigkeit dabei ist, dass der kulturelle Kontext sich selbst schützt, d.h. für den derzeitigen kapitalistischen und wachstumsorientierten Kontext sind nur jene Veränderungen akzeptabel, die den derzeit gültigen Paradigmen entsprechen. Veränderungen, die jedoch darüber hinausgehen und diese Paradigmen außer Kraft setzen würden, rufen automatisch Gegenkräfte hervor, um den bestehenden Kontext zu schützen. Wenn Sie also neue, bahnbrechende Ideen oder Vorgehensweisen haben und Sie versuchen, diese im alten Kontext anzuwenden, dann ist das Scheitern der Durchsetzung sozusagen vorprogrammiert. Der bisherige Kontext ist nicht darauf ausgelegt, neue Vorgehensweisen zuzulassen.

Wenn Unternehmen also z.B. ihre Mitarbeiter zu mehr Engagement, Selbstverantwortung und Initiative bringen wollen und ihnen dazu Schulungen und Trainings zur Verfügung stellen, im Unternehmen aber noch dieselben hierarchischen Pyramiden-Strukturen herrschen, die ursprünglich dazu entworfen waren, um Mitarbeiter auf Linie zu halten, dann bietet der Kontext einfach keinen Nährboden für diese Veränderung. Wenn Unternehmen z.B. die Gewaltfreie Kommunikation als Werkzeug einführen, damit die Unternehmenskommunikation intern und extern beziehungsfördernder wird, im Unternehmen aber noch das Paradigma von Wettbewerb und Konkurrenz herrscht, raten Sie mal, was dann mit dem neuen Kommunikationsmodell passiert! Wenn Unternehmen den Lean Management Ansatz einführen, mit der vordergründigen Absicht, die Hierarchien zu verschlanken und Mitarbeiter mehr zu beteiligen, dahinter aber die versteckte Absicht liegt, Kosten zu senken und wieder mehr Gewinne zu machen, wird die Veränderung keine nachhaltigen Ergebnisse zutage fördern.

Es wäre also zunächst notwendig, den vorherrschenden kulturellen Kontext zu verändern, in den das Unternehmen oder die Organisation eingebettet ist. Das kann bedeuten, dass Sie sich des vorherrschenden Kontexts zunächst erst einmal bewusst werden müssen. Dazu können Fragen hilfreich sein, wie:

  • Was ist unsere Absicht als Unternehmen/Organisation? Und was ist die vielleicht dahinter liegende Absicht?
  • Warum sind unsere Strukturen so wie sie gerade sind? Wer hat sie gemacht und warum? Welcher Absicht dienen diese Strukturen? Was ermöglichen sie – was verhindern sie?
  • Wie definieren wir Führung und wie wird diese gelebt? Warum führen wir genau in dieser Weise? Wer hat diese Art der Führung eingeführt und warum? Welcher Absicht dient diese Art der Führung? Was ermöglicht sie – was verhindert sie?
  • Wie sehen wir die Welt/den Markt in der/dem wir uns bewegen? Woran glauben wir diesbezüglich? Von welchen Grundannahmen gehen wir aus? Wozu führen diese Grundannahmen?

Die Erfahrung zeigt, dass viele Unternehmen und Organisationen kein Bewusstsein darüber haben und die o.g. Fragen zunächst nicht beantworten können. Der Kontext wurde nicht bewusst deklariert und ist somit unbewusst entstanden oder übernommen worden. Strukturen sind oftmals einfach unbewusst gewachsen – und zwar auf dem Nährboden, den die Beteiligten durch Gesellschaft, Erziehung, Bildung etc. als gültige Lehrmeinung zur Verfügung gestellt bekommen haben.

Das Bewusstmachen des vorherrschenden Kontexts in einem Unternehmen oder einer Organisation ist ein erster Schritt der Transformation von einer unbewussten und dadurch unverantwortlichen Organisation zu einer bewussten, verantwortlichen und damit erwachsenen Organisation, die verantwortlichen Absichten dient. Nachdem der vorherrschende Kontext bewusst gemacht wurde, kann er in einem nächsten Schritt dann ganz bewusst neu gesetzt werden. Getreu dem Motto: welchen kulturellen/ideellen Kontext wollen wir in dieser Organisation gemeinsam wählen? Erst wenn der Kontext bewusst und klar deklariert wurde, ist der Boden bereitet für entsprechende bewusste Veränderungen. Bevor Sie also mit neuen Methoden Ihre Organisation/Ihr Unternehmen optimieren wollen, lohnt es sich den Kontext zu überprüfen und gegebenenfalls zu verändern. Denn der Kontext bestimmt, was möglich ist!

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